Wissen

Digitale Transformation - bloss ein Modewort?

Basel, 17.03.2020
Fragen wir Mitarbeitende, Kursteilnehmer, Führungskräfte oder Entscheidungsträger «was ist digitale Transformation?» sind die Antworten meist ähnlich: zunehmende Übertragung von manuellen Aufgaben auf digitale Systeme (Roboter), digitale Vernetzung von Systemen und Prozessen, Implementierung von digitalen Technologien oder automatisierte Bearbeitung von Prozessen. 

Schlagwörter wie Artificial Intelligence, Predictive Analytics, Augmented Reality, Big Data oder IoT fallen und sollen das eigene vertiefte Verständnis zeigen. Antworten, die stimmen aber einen Faktor komplett ausser Acht lassen: den Menschen

Digitalisierung macht vielen Angst 

Das Gefühl nicht genau zu wissen, was kommt und was das für mich bedeutet, löst Unbehagen aus. Wird es mich überfordern? Werden Roboter oder Software mich ersetzen? Eine Befürchtung, die den arbeitenden Menschen seit der industriellen Revolution in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts begleitet. Und trotzdem erlebten und erleben wir ein stets zunehmendes Wirtschaftswachstum und steigenden Wohlstand. 

Veränderung löst Unsicherheit oder sogar Angst aus, weil Vieles zunächst ungewiss ist. Wie sollen wir uns auf etwas freuen, wovon Ausmass und  Einfluss unbekannt sind? Waren Sie nicht auch etwas skeptisch als der erste Home Computer, der Walkman, die Kreditkarte, der Bankomat oder das Smartphone kamen? Und wie sieht es aktuell mit diesen Hilfsmitteln aus? Ist das nicht Alltag geworden und hat es unser Leben nicht einfacher gemacht? 

Digitale Transformation beinhaltet das Wort «Digital» und basierend auf den Antworten aus der Einleitung wird die Digitalisierung vor allem im Zusammenhang mit technischen Veränderungen wahrgenommen. Im Mittelpunkt steht also die Technik.

Digital ist nicht neu: bereits 1969 wurden Universitäten in den USA digital vernetzt. Heute hat fast jeder ein mobiles Telefon und fährt jeden Tag in einem Auto, das vollgestopft ist mit Elektronik. 

 

Alternative text

Der rasante technische Fortschritt hat unseren Alltag bereichert: Bankomaten, Smartphones, VR Brillen - Image by GrumpyBeere from Pixabay

Alternative text

Führungsqualitäten sind entscheidend, um die Mitarbeitenden auf die digitale Reise mitzunehmen. - Image by Gerd Altmann from Pixabay

Teschnischer Fortschritt ist ein Wettbewerbsvorteil

Der technische Fortschritt ist aktuell auf einem sehr hohen Niveau und entwickelt sich immer rasanter. Technik macht Dinge greifbar, messbar und dadurch für Entscheidungsträger (Manager und Verwaltungsräte) und Investoren besser nachvollziehbar. Technische Lösungen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, können sich Unternehmen einfacher differenzieren und so ihre Wertschöpfung ankurbeln. Wie können wir diesen immer schnelleren Veränderungen begegnen? Aus unserer Sicht liegt die Lösung im zweiten Wort «Transformation»: wir verändern unser Bewusstsein und optimieren die technischen Möglichkeiten, die Organisation und die Unternehmenskultur gemeinsam (vgl. Ulich, 2011).  

Nutzen wir die Digitalisierungswelle ganzheitlich statt uns von ihr überrollen zu lassen. Ganzheitlich bedeutet, die Organisation an der Wertschöpfungskette mit all ihren Facetten auszurichten und nicht nur an "Produkten":  Vision und Strategie, Fähigkeiten und Kompetenzen, Kultur und Organisation, Systeme und Prozesse. Die Wünsche der Kunden, ihre Emotionen, Bedürfnisse und Verhaltensweisen stehen im Fokus und das Sammeln dieser Kundendaten werden für Unternehmen die wesentlichste Energie- und Inspirationsquelle der Zukunft sein (vgl. Weber, 2017). 

Kann der Mensch Schritt halten?

Wenn nur die Technik flexibler, agiler, leistungsfähiger und intelligenter wird, die Mitarbeitenen und die Organisation jedoch nicht Schritt halten können, bröckelt die gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung zwischen Mensch, Technik und Organisation (vgl. Weber, 2017) im Unternehmen und verursacht Instabilität. Flexibilität und Wandlungsfähigkeit müssen wieder in den Vordergrund rücken und dazu braucht es geeignete Managementqualitäten, die die Mitarbeitenden in den Fokus stellen (vgl. Weber, 2017). 

Digitalisierung sehen wir als ein holistisches, umfassendes Change-Management des gesamten Unternehmens, mit Fokus auf den Mitarbeitenden und den Kunden und nicht auf der Technik. Das Change-Management sollte beim Bewusstsein der Mitarbeitenden ansetzen. Mitarbeitende und Führungskräfte müssen den Gesamtkontext, die Unternehmensziele und die Strategie verstehen. Nur so können sie die Zusammenhänge ihrer Arbeit, den Sinn und Zweck ihrer Tätigkeiten erkennen und ihren persönlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Wissen und Daten müssen im Unternehmen geteilt, Silos geöffnet werden. Indem die Wahrnehmungen der Mitarbeitenden und Kunden erfasst und ausgewertet werden, lassen sich bestehende Geschäftsmodelle optimieren oder neue entwickeln - ein "Return on Perception". 

Content image

Die Mitarbeitenden prägen die Unternehmenskultur und verändern sie. Entscheidend ist zudem das Engagement des Managements und Führungsqualitäten wie Empathie, Reflexionsfähigkeit und Coaching. 

Führungsqualitäten sind zentral

Es sind die Mitarbeitenden, die eine Unternehmenskultur prägen und es sind die Mitarbeitenden, die sie verändern können. Voraussetzung ist ein Changemanagement, das vom ganzen Management getragen und vorgelebt wird, sowie neue Managementqualitäten. Es gibt viele Methoden, Tools und Techniken um eine Unternehmenskultur agil auf den digitalen Wandel vorzubereiten. Die wichtigsten Voraussetzungen sind aus unserer Sicht: aktives Management mit zeitgemässen Qualifikationen - Empathie, Reflektionsfähigkeit, Coaching. Dazu den Mut und das Durchhaltevermögen sich auf einen Prozess einzulassen, der Zeit braucht. 

Digitalisierung ist allgegenwärtig, digitale Transformation ist eine Kulturreise und niemand bleibt davon verschont. Je mehr die Mitarbeitenden die digitale Strategie mit positiven Emotionen mittragen und sich beteiligen, desto eher wird die digitale Transformation und die Wertgenerierung des Unternehmens gelingen und nachhaltig sein.

 

Referenzen: 

Ulich, E. (2011). Arbeitspsychologie. 7. Auflage. Zürich: vdf Hochschulverlag/Stuttgart: Schäffer Poeschel

Weber, A (2017). Digitalisierung –Machen! Machen! Machen!

Mehr Artikel
Digitale Transformation - bloss ein Modewort?

Neues Projekt?
Gerne berate ich Sie persönlich